Aktuelle Lage in San Juan de Lurigancho im August 2020

Der Bezirk San Juan de Lurigancho liegt im Nordosten der Stadt Lima. Laut der XII. Nationalen Volkszählung von 2017 leben 1.117.629 Einwohnern mit mittlerem, mittel-niedrigem, niedrigem und sehr schlechtem sozioökonomischem Niveau. Es ist der bevölkerungsreichste Bezirk des Landes und repräsentiert 12% der Gesamtbevölkerung der Provinz Lima.

In der Pandemie ist es einer der stärksten infizierten Bezirke und einer der Bezirke mit der höchsten Inzidenz der Nichteinhaltung der von der Regierung zur Verhinderung der Ausbreitung des neuen Coronavirus eingeführten Maßnahmen. Es ist eine Herausforderung für alle Behörden, in der Pandemie Bürgersinn und Gemeinwohlkompetenzen zu entwickeln. Die wirtschaftlichen Folgen zeigen sich in allen Haushalten, Institutionen, Organisationen und für unsere Schüler und Schülerinnen, die vor der großen Herausforderung stehen, ihre Ausbildung gemäß den Richtlinien des Bildungsministeriums aus der Ferne fortzusetzen.

Aus unserer Schule Fe y Alegría 37 heraus können wir eine Diagnose über die reale Situation des Bezirks San Juan de Lurigancho geben, da uns die Berichte der Lehrer und der Organisation der APAFA [Elternrat der Schule, Anm. d. Übers.] vorliegen:

Aktuell sind etwa 65% unserer Familien infiziert, von denen nur 20% die Möglichkeit hatten, in einer Gesundheitseinrichtung behandelt zu werden, während 45 % auf häusliche Behandlung und Selbstisolierung zurückgegriffen haben. Dabei bleiben die schwersten Fälle zu Hause, und der Rest begibt sich weiterhin auf die Suche nach irgendeinem Familieneinkommen. Die Familien wenden sich in vielen Fällen an die Schwestern, um Unterstützung zu erbitten, ebenso auch an die Lehrer und Lehrerinnen. Dabei sagen sie, dass die ganze Familie infiziert ist und viele Mitglieder ernsthaft betroffen sind. Bis zum letzten Bericht wurden 80 Familienmitglieder als verstorben gemeldet. Was unsere Schülerinnen und Schüler betrifft, so haben wir aktuell etwa 400 infizierten Schülerinnen und Schülern aller Jahrgangsstufen, von denen einige ins Krankenhaus eingeliefert wurden, Gott sei Dank ist bislang niemand gestorben. In Bezug auf die insgesamt 71 Lehrer wurden 18 mit COVID 19 diagnostiziert, 5 Lehrer befinden sich in einem kritischen Zustand. Die Eltern von sechs unserer Lehrer und die Geschwister von fünf weiteren sind gestorben. Auch die Ordensschwestern waren infiziert und kehrten nach ihrer Isolation wieder zu ihren Aufgaben zurück. Allerdings gibt es derzeit einen Rückfall von Schwester Asunción, die ins Krankenhaus eingeliefert wurde und sich jetzt im Konvent ausruht. Gott sei Dank erholt sie sich gut. Der direkte Verlust, den die Schulgemeinschaft bislang durch COVID 19 erlitten hat, ist Frau Dominga, unsere Köchin, die seit mehr als 18 Jahren in unserer Bildungseinrichtung tätig war, und deren Verlust haben wir bis heute nicht überwunden haben.

Unsere Schulgemeinschaft lebt täglich die verheerenden Auswirkungen der Pandemie in den Bereichen Wirtschaft, Gesundheit, Lebensmittel und öffentliche Sicherheit. Angesichts dessen fühle ich eine große Ohnmacht, den Schülern nicht helfen zu können, auch darin, den aktuellen Bildungsanforderungen nicht folgen zu können. Der Zugang zum Netz und die technologischen Ressourcen sind die Grenzen, die verhindern, dass die 28 vom peruanischen Staat vorgeschlagenen Kompetenzen durch Forschungsprojekte erworben werden können. Theoretisch sollen die Schüler und Schülerinnen eine Kultur des Forschens entwickeln und ihre Kompetenzen als aktive Agenten einer neuen Zivilisation ins Spiel bringen. Dies soll uns helfen, die internen und externen Muster einer informellen, abhängigen, sentimentalen und instinktiven Gesellschaft zu verändern. Ein schönes Ziel, aber – wie gesagt: es scheitert oft daran, dass alle Grundlagen zur Umsetzung fehlen.

Aus Montenegro am 27.08.2020

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